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Aufzeichnungen zur paradoxen Kartitizität des Nicht-Kartierbaren

Camilla Miglio

2022

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Abstract

In den folgenden skizzenhaften Aufzeichnungen wird versucht, eine paradoxe ‚Kartierung der Erde‘ in Celans Werk nachzuzeichnen. Es geht um die Herstellung mehrdimensionaler Geographien, die – ständig zwischen Bezug und Abwesenheit von Orten und Räumen oszillierend – das Ausmaß der Tiefe miteinbeziehen. Die Disjunktionen der Zeitkarten sind keine stabilen Objekte, Bilder oder Projektionen, sondern eine Fläche, die sich in einzelnen Zeigeakten realisieren lässt. Sie speichern das Wissen und die Erinnerungen, mit denen diese Orte adressiert werden können – so dass sie ‚in die Nähe von’ Texten‘ (Stockhammer) gebracht werden können, wobei der Leser selbst zum Vektor der Orientierung wird. Celans dynamische Kartizität eröffnet dem im eigenen ‚Heute‘ situierten Leser ein tektonisches Auftauchen von Erinnerungssplittern und -resten aus dem eigenen, aber auch kollektiven menschlichen ‚Abgrund Zeit‘ und ermöglicht zugleich eine (immer neue und subjektgebundene) Orientierung in der Gegenwart auf die Zukunft. Als Beispiele für die Produktion von Räumen, die – ausgelöst durch Celans Poetik und Poesie – neu kartiert und gestaltet werden können, werde ich zwei laufende italienische Projekte skizzieren: Erstens ein Projekt der „Kartopoietik“ („Cartografie dell’immaginario“), das 2011 als Kolumne der italienischen geopolitischen Zeitschrift ‚Limes‘ von der Kartografin und Grafikerin Laura Canali und mir initiiert wurde; zweitens die Gestaltung öffentlicher Räume und Wände durch den bildenden Künstler Giuseppe Caccavale mit Celan’schen ‚Inschriften‘ (Rue Tournefort, Paris 2020; Un’evidenza fantascientifica, Celan: Assisi, Venezia, Fondazione Querini Stampalia 2021).