Goethes Rückblick auf die Antike

Die Beiträge befassen sich nicht nur mit der Verarbeitung antiker Stoffe und analysieren, wie Motive und Sprachbilder aus Werken Homers und Pindars in Goethes eigenen Texten Texten Eingang finden, sondern thematisieren vor allem den durch das Projekt einer allgemeinen Literarisierung intensivierten Autoritätverlust geschriebener Texte. Vor 1770 kam dem geschriebenen Text seine Autorität aus dem vor ihm Geschriebenen zu, das als kontinuierliche Traditionskette den Zusammenhang mit der Vergangenheit stiftete. Seit Goethe erhält den Text seine Autorität nicht mehr, weil er sich auf Horaz oder Homer berufen kann, sondern weil er das Werk eines genialen Schöpfers ist. Goethes pindarische Oden, seine Römischen Elegien, seine Anwerwandlungen des Helena-Mythos oder der eleusinischen Mysterien stellen sich in diesem Kontext als Neu-Schöpfungen eines sich der Tradition der Oralität neu vergewissenden Autors dar.