Melancholie und Leidenschaft. Der Bildraum des jungen Goethe / Ponzi, Mauro. - STAMPA. - (2011), pp. 1-340.
Melancholie und Leidenschaft. Der Bildraum des jungen Goethe
PONZI, Mauro
2011
Abstract
Im Mittelpunkt dieser Studie steht der Versuch, Entstehung und Entwicklung einiger literarischer Leitmotive beim jungen Goethe zu ergründen. Es werden einerseits die Entstehung und Wirkung des Werther und anderseits der Paradigmenwechsel, den seine „Zuwendung“ zur Natur hervorgebracht hat, fokussiert. n dem Werther wird stets die Leidenschaft mit einer “seelischen Krankheit” gleichgestellt. Diese Studie setzt sich als Ziel, die Natur dieser Krankheit zu erklären. Als Goethe in Werther so eindringlich die Leidenschaft als materielle, körperliche und physiologische Veränderung des Individuums bezeichnet, weist er auf die sogenannte Sänftetheorie auf, die von der damaligen Medizin verwendet wurde, um überhaupt jede Pathologie, aber besonders diejenigen erklären zu können, die wir heute Neurose nennen. Werthers (aber auch Prometheus’ und Fausts) Krankheit ist eigentlich die Melancholie; d.h. jene Stimmung, die zwischen Depression (Schwermut) und Begeisterung schwankt, und die nach der theosophischen Tradition eine Charakteristik des Genies ist, und zwar eines Individuums, das die Normalität überschreitet. Goethe hat auf Grund der Physiognomik von Lavater induktiv erkannt, daß die Befreiung von der acedia cordis notwendigerweise durch eine Zerstörung des Ich erfolgte, welches als geniale Entität hervorgehoben wurde. In diesem Sinne kann die Niederschrift seines Briefromans als eine selbst-befreiende Therapie, ein Ausweg aus den Nebeln des Saturn, aus dem „düsteren Übel“ des Spleen interpretiert werden. So verknüpft sich die Sprache der Empfindsamkeit mit der der naturwissenschaftlichen Forschung. Das von Goethe dargestellte melancholische Temperament ist eine literarische Abhandlung eines klinischen Falls. Das vorliegende Forschungsprojekt erörtert die Intertexualität als Grundprinzip des Goetheschen Werks. Sie besteht in der Rückgewinnung von Bildern, Motiven und Ausdrücken, die vorwiegend aus der Antike (aber auch aus anderen "fremden" Kulturräumen) stammen, welche in einen neuen und sehr modernen Text umfunktioniert werden. Goethes kompositorische Methode bestand darin, aus den verschiedenen Quellen Sprach- und Denkbilder zu entnehmen, sie neu zu konstituieren und damit ein ganz neues Kunstwerk zu schaffen. Die literarischen Referenzen sind bei ihm nie ein bloßes Zitat, sie werden vielmehr in einer originellen Struktur neu kombiniert. Dieser Weg bestand aus der Verflechtung von Motiven aus der antiken Tradition mit den in der zeitgenössischen Literatur entstandenen Motiven, welche von dieser contaminatio eben verstärkt und erneut wurden. Die literarische Kommunikationsstrategie des jungen Goethe äußert sich demzufolge in dem Willen, Themen und Bilder aus der Antike in einer Intertextualität zu „aktualisieren“, die den Zugang des modernen Publikums zu einer Kultur erleichtert, die in ihren Grundzügen überliefert werden soll. Dabei wird zu zeigen versucht, dass Goethe anders als seine Zeitgenossen die tradierten literarischen Vorgängermodelle gleichsam von innen aus dekonstruiert. So etwa in Bezug auf die Empfindsamkeit: Indem die Strategie und das Verfahren empfindsamer Texte in den Werken des jungen Goethe als solche in den Blick gerät, streben die Texte über das Dekonstruierte hinaus auf ein ex negativo bestimmtes Positives, das die Studie genauer zu definieren sucht. Kraft des Verfahrens einer immanenten Sinnumkehrung gelingen dem jungen Goethe grundsätzlich polyseme Werke die pluralistischen Deutungen offenstehen. Hier liegt ihre Modernität.File allegati a questo prodotto
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