Für Fassbinders "Kinofilme" galt Hollywood nicht als Vorbild, sondern vielmehr Filme wie “Weekend” von Godard oder “Antonio das Mortes” von Rocha. Fassbinder hat sein Werk als Widerstand gegen die Homologisierung der modernen Gesellschaft verstanden. Fassbinders Leitmotive (Dreieckbeziehungen, Ausbeutung der Gefühle, Ausweglosigkeit, ironische Sozialkritik) finden in dieser Trilogie ihre beste filmspezifische Sprache. Über Fassbinders Verbindung zur deutschen literarischen Tradition gibt es eine breite Sekundärliteratur. Die Benutzung einer literarischen Vorlage ist überhaupt ein Kennzeichen des so genannten „Jungen deutschen Films“. Am Beispiel einer privaten Frauenkarriere inszeniert er einen Moment deutscher Geschichte. Die gleichen Autoren haben am Drehbuch von “Lola” und “Veronika Voss” zusammengearbeitet. Der Film wurde 1979 auf der Berlinale mit Ovationen gefeiert. Fassbinder erklärte in einem Interview: «Oft kritisiert man meine Filme, daß sie pessimistisch seien. Wenn man in einem Film, der pessimistisch endet, den Leuten einige Mechanismen klarmacht, warum es so geschieht, dann ist ja die Wirkung des Films nicht pessimistisch». In Lola (1981) wendet sich Fassbinder besonders scharf gegen die doppelte Moral und die Philistermentalität der Adenauerära. Die literarischen Vorlagen – Heinrich Manns Professor Unrat und der Film Der blaue Engel – bleiben der ferne Ausgangspunkt der Geschichte, die er wesentlich verändert und zu seinen sozialkritischen Zwecken umgebildet hat. Von Bohm verliebt sich in Lola, die Hure. Der Regisseur erklärte seine Absicht: «Ich werde viele Filme machen, bis ich mit meiner Geschichte der BRD hier und heute angekommen bin: Lola und Maria Braun sind Filme über das Land, wie es heute ist. Besonders ironisch klingt der Satz, den Lola und Frau Schuckert am Ende des Film sagen: «Wir Frauen müssen zusammenhalten». Das Happy End, das es sonst in Fassbinders Filmen kaum gibt, bekommt aber einen bitteren Beigeschmack. In der Erzählstruktur Fassbinders Filme, die die sozialwirtschaftliche Lage in Deutschland darstellen, ist das Schema von Raoul Walsh leicht zu spuren. Der berühmte Film The Tall Men (1955) ist paradigmatisch, wobei die Übersetzung des Titels ins Deutsche aber irreführend ist: Drei Rivalen.
Hollywood-Anleihen und sozialkritisches Melodrama: R. W: Fassbinders Verkleidung des Unheimlichen / Ponzi, Mauro. - STAMPA. - (2008), pp. 61-75.
Hollywood-Anleihen und sozialkritisches Melodrama: R. W: Fassbinders Verkleidung des Unheimlichen
PONZI, Mauro
2008
Abstract
Für Fassbinders "Kinofilme" galt Hollywood nicht als Vorbild, sondern vielmehr Filme wie “Weekend” von Godard oder “Antonio das Mortes” von Rocha. Fassbinder hat sein Werk als Widerstand gegen die Homologisierung der modernen Gesellschaft verstanden. Fassbinders Leitmotive (Dreieckbeziehungen, Ausbeutung der Gefühle, Ausweglosigkeit, ironische Sozialkritik) finden in dieser Trilogie ihre beste filmspezifische Sprache. Über Fassbinders Verbindung zur deutschen literarischen Tradition gibt es eine breite Sekundärliteratur. Die Benutzung einer literarischen Vorlage ist überhaupt ein Kennzeichen des so genannten „Jungen deutschen Films“. Am Beispiel einer privaten Frauenkarriere inszeniert er einen Moment deutscher Geschichte. Die gleichen Autoren haben am Drehbuch von “Lola” und “Veronika Voss” zusammengearbeitet. Der Film wurde 1979 auf der Berlinale mit Ovationen gefeiert. Fassbinder erklärte in einem Interview: «Oft kritisiert man meine Filme, daß sie pessimistisch seien. Wenn man in einem Film, der pessimistisch endet, den Leuten einige Mechanismen klarmacht, warum es so geschieht, dann ist ja die Wirkung des Films nicht pessimistisch». In Lola (1981) wendet sich Fassbinder besonders scharf gegen die doppelte Moral und die Philistermentalität der Adenauerära. Die literarischen Vorlagen – Heinrich Manns Professor Unrat und der Film Der blaue Engel – bleiben der ferne Ausgangspunkt der Geschichte, die er wesentlich verändert und zu seinen sozialkritischen Zwecken umgebildet hat. Von Bohm verliebt sich in Lola, die Hure. Der Regisseur erklärte seine Absicht: «Ich werde viele Filme machen, bis ich mit meiner Geschichte der BRD hier und heute angekommen bin: Lola und Maria Braun sind Filme über das Land, wie es heute ist. Besonders ironisch klingt der Satz, den Lola und Frau Schuckert am Ende des Film sagen: «Wir Frauen müssen zusammenhalten». Das Happy End, das es sonst in Fassbinders Filmen kaum gibt, bekommt aber einen bitteren Beigeschmack. In der Erzählstruktur Fassbinders Filme, die die sozialwirtschaftliche Lage in Deutschland darstellen, ist das Schema von Raoul Walsh leicht zu spuren. Der berühmte Film The Tall Men (1955) ist paradigmatisch, wobei die Übersetzung des Titels ins Deutsche aber irreführend ist: Drei Rivalen.I documenti in IRIS sono protetti da copyright e tutti i diritti sono riservati, salvo diversa indicazione.