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Die vielen Perspektiven eines mediterranen Manuskripts: Der Codex Cocharelli zwischen Akkon, Zypern und Genua

Antonio Musarra

2025

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Abstract

Angesichts der vielen im Codex Cocharelli überlieferten Themen würde ich nicht zögern, ihn in seinem geistigen Zuschnitt als typisch „mediterran“ zu charakterisieren. Folgendes möchte ich mit diesem Essay begründen: Es geht nicht so sehr um die einfachen Fakten, die auf den Seiten behandelt werden, oder um eine Rekonstruktion der Geschichten ihrer Protagonis- ten, sondern darum, die kulturellen Gruppierungen durch eine Analyse der historischen und geografischen Anhaltspunkte, die sich aus der aktuellen Fassung des Werks ergeben, so weit wie möglich zu erfassen. Mit anderen Worten soll statt der kompositorischen Schichtung des Werks, die sich beispielsweise im zeitlichen Unterschied zwischen der Abfassung des Textes und der Realisierung der Miniaturen zeigt, die Vielfalt jener Faktoren im Vordergrund stehen, die den gegenwärtigen Aufbau des Werks charakterisieren. Ziel ist es, den Codex Cocharelli als eine Art Sammelsurium zu verstehen, als eine Anthologie der Verweise auf das historische – politische, sozioökonomische und kulturelle – Umfeld seiner Zeit, wie es durch den Text und die Miniaturen vermittelt wird. Es geht weniger um das Verständnis der moralischen, paränetischen [mahnenden; Anm. d. Vlg.] oder rein didaktischen Ziele des Textes, sondern um seine Fähigkeit, einige Besonderheiten seines Entstehungsumfelds wiederzugeben. Um diese zu erkennen, ist eine umfassende Kontextualisierung erforderlich. Sowohl Autor als auch Schreiber und Miniaturmaler tragen nämlich dazu bei, ein Produkt umzusetzen, das nicht nur eine philologische und künstlerische „Sprache“ verwendet, sondern auch eine geschichtliche Bedeutung besitzt. Die in diesen illuminierten Blättern offen oder verschleiert überlieferten Informationen ermöglichen es, mit einer gewissen Annäherung jenes stark mit der Erfahrung der auftraggebenden Familie verknüpfte kulturelle Substrat zu umreißen, das ich als „mediter- ran“ bezeichnen würde.